Die Ziegelei.
Auf dem Weg in den Forst ging beim Schlehenanger nach rechts der
Salvatorweg ab, die alte Wallfahrtsstrecke nach Bettbrunn. Diese
folgte einer römerzeitlichen Trasse, zog geradewegs über
Hellmannsberg durch die Flur, querte den Brünnlgrund von Kasing (i)
und ging als Köschinger Straße durch den Forst nach Sankt Salvator
(Bettbrunn), um letztlich bei Steinsdorf den Limes zu erreichen.
Nach dem der Schlamppenbräu hier heraußen den ersten Bierkeller (ii)
Köschings in den Hang des Eixelberges hinein hatte bauen lassen,
hieß man es den Kellerweg und heute die Horschstraße. Aus dem
Schlehenanger zogen sich die feuchten Wiesen als Ziegelsgrund (iii)
noch ein gutes Stück den Weg entlang weiter.
Auf einem trockenen Geländesporn, der in den Anger hineinreichte,
lag die Köschinger Ziegelei, der gemeindliche Ziegelstadel oder die
Ziegelhütte. (iv) Brennofen, Stadel und ein daneben liegender
Kalkofen wurden verpachtet. Zusätzlich hatte der Ziegler von jedem
Brand eine Abgabe zu leisten. (v) 1807 mußte der Betrieb an den
damaligen Ziegler Mathias Schießl verkauft werden.
Die Wohnung des Zieglers war im Ort. (vii) Erst mit dem
wirtschaftlichen Aufschwung und seinen zahlreichen Neubauten wurde
das Ziegelbrennen zu einem einträglichen Vollerwerb. (viii)
Das veranlasste den Ziegler Simon Krehe seinen Wohnsitz
neben dem Ziegelstadel zu wählen. 1848 errichtete er das erste
Wohnhaus (ix) im Ziegelsgrund und zog dorthin hinaus. 1851 übergab
er an seinen Schwiegersohn, der die Ziegelei 1874 an den Münchner
Unternehmer Thomas Lidl verkaufte.
Diesen hatte die rege Bautätigkeit der immer größer werdenden
Landesfestung Ingolstadt angezogen. Deren stetig wachsende Nachfrage
nach hochwertigen Ziegeln ließ die Lidl’sche Ziegelei zum ersten
Industriebetrieb Köschings werden. Sein Sohn Sebastian Lidl
brachte ab 1890 die Anlage auf den neuesten technischen Stand. 1893
wurde eine Dampfmaschine aufgebaut. Die Dampfziegelei bestimmte mit
ihrem riesigen Fabrikationsgebäude und dem hohen Schornstein das
Ortsbild im Norden. Lidl war eine der treibenden Kräfte zur
Errichtung der Lokalbahn. Mit einem entsprechenden Geldbeitrag
erreichte er, daß der Lokalbahnhof im Norden des Markts errichtet
wurde. Eine Stichbahn verband ihn mit der Ziegelei.
Eine besondere, patentierte Dachtasche machte die Lidl’sche
Falzziegelfabrik weit über Kösching hinaus bekannt. Der Betrieb
florierte und konnte nur mit Hilfe von italienischen Saisonarbeitern
geführt werden. Etwa 60, solange das Fort Va verstärkt wurde, bis zu
100 Italiener lebten in Arbeiterunterkünften bei der Ziegelei. (x)
Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges wurden sie als Kriegsgegner
nicht mehr weiter beschäftigt und durch polnische Kräfte ersetzt.
Gegen 1900 zeichneten sich wirtschaftliche Probleme ab, denen Lidl
durch Gründung einer Aktiengesellschaft zu begegnen suchte. (xi) Er
selbst wurde Aufsichtsrat einer Ziegeleigenossenschaft, die als Vereinigte
Dampfziegeleien Ingolstadt Actien-Gesellschaft (xii) auftrat.
Es gelang ihm nicht den Niedergang aufzuhalten. Im Sommer 1911
ertrank Sebastian Lidl bei Großmehring beim Baden in der Donau.
(xiii) Alles fiel auseinander. (xiv)
Als der erste Weltkrieg begann, stand das Köschinger Werk still. Im
Fabrikgebäude und im Verwalterhaus waren Soldaten einquartiert. Nach
dem Krieg wurden die Fabrikgebäude abgerissen, 1918 sprengten
Ingolstädter Pioniere den Kamin. Als in den Fünfzigerjahren die
Wasserschutzbestimmungen um die Lepsinger Quellen immer strenger
wurden, riß man die rechts der Straße nach Hellmannnsberg liegenden
letzten Reste ab. Bis heute erhalten liegt links der Straße noch die
Lidl’sche Villa. (xv) Hier entstand dann daneben die Siedlung im
Ziegelsgrund. Nur mehr ein Straßenname und ein Denkmal im
Neubaugebiet erinnern noch an die Köschinger Ziegelei.
Friedrich Lenhardt
Bilder
Denkmal im Kreisel des Ziegelsgrundes einfügen.
Bild der Köschinger Dampfziegelei aus Treppenhaus einfügen.
Quellen:
(i) Kürzinger (1997), 2, S. 16.
(ii) Briefsprotokoll 1806, Tauschvertrag des Bierbräu Andree Wild
und des Zieglers Mathias Schießl über ein Grundstück bey des
Andree Wild Kellers, so weit er nemlich über dem Keller
aufgeworffen und ausgemacht ist, vom 25. Mai 1806.
(iii) Der Flurname erscheint erst mit Verschwinden des Namens
Salvatorwegs.
(iv) Erstmals im Burgfriedensplan von 1690.
(v) Eintragungen in den Rechnungsbüchern unter dem Titel: Einnahmen
an Geldt, was diss Jahr der gemeine marckts Ziegl Stadl ertragen
(1775); je Brand wurden 4 Gulden erhoben.
(vi) Siehe unten, Kapitel: Kösching, und die angeordnete Revolution.
(vii) Seellenbuoch, Bl. 170 und 138, Haus Nr. 35: Ziegler und Nr.
58: Zieglers brueder haus; nachdem ab 1778 der Ziegelstadel an
Auswärtige verpachtet wird, leben Ziegler auch auf Nr. 99 und 182.
Als Köschinger Ziegler sind bekannt:
Peter Sedlmeier, 1553; Philipp Rieger, 1653-1698?; Franz
Rauscher 1698-1735; Paul Rauscher 1738-1778; Jakob
Städler, 1778-1790; Mathias Schießl, 1791-1842; Simon
Krehe, 1842-1851; Max Weiß, 1851-1874; Thomas Lidl,
1874-1889; Sebastian Lidl, 1889-1911.
Ergiebige Quellen sind die Briefsprotokolle, die z.B. für 1778 den
Stiftskontrakt mit Jakob Stadler, 1791 de