HausNr: 205 1/2

Ziegelei

heute:   ??

Chronologie

Zeit
Besitzer, Bewohner, Benutzer




Geschichte

Die Ziegelei.
Auf dem Weg in den Forst ging beim Schlehenanger nach rechts der Salvatorweg ab, die alte Wallfahrtsstrecke nach Bettbrunn. Diese folgte einer römerzeitlichen Trasse, zog geradewegs über Hellmannsberg durch die Flur, querte den Brünnlgrund von Kasing (i) und ging als Köschinger Straße durch den Forst nach Sankt Salvator (Bettbrunn), um letztlich bei Steinsdorf den Limes zu erreichen.
Nach dem der Schlamppenbräu hier heraußen den ersten Bierkeller (ii) Köschings in den Hang des Eixelberges hinein hatte bauen lassen, hieß man es den Kellerweg und heute die Horschstraße. Aus dem Schlehenanger zogen sich die feuchten Wiesen als Ziegelsgrund (iii) noch ein gutes Stück den Weg entlang weiter.
Auf einem trockenen Geländesporn, der in den Anger hineinreichte, lag die Köschinger Ziegelei, der gemeindliche Ziegelstadel oder die Ziegelhütte. (iv) Brennofen, Stadel und ein daneben liegender Kalkofen wurden verpachtet. Zusätzlich hatte der Ziegler von jedem Brand eine Abgabe zu leisten. (v) 1807 mußte der Betrieb an den damaligen Ziegler Mathias Schießl verkauft werden.
Die Wohnung des Zieglers war im Ort. (vii) Erst mit dem wirtschaftlichen Aufschwung und seinen zahlreichen Neubauten wurde das Ziegelbrennen zu einem einträglichen Vollerwerb. (viii)  Das veranlasste den Ziegler Simon Krehe seinen Wohnsitz neben dem Ziegelstadel zu wählen. 1848 errichtete er das erste Wohnhaus (ix) im Ziegelsgrund und zog dorthin hinaus. 1851 übergab er an seinen Schwiegersohn, der die Ziegelei 1874 an den Münchner Unternehmer Thomas Lidl verkaufte.
Diesen hatte die rege Bautätigkeit der immer größer werdenden Landesfestung Ingolstadt angezogen. Deren stetig wachsende Nachfrage nach hochwertigen Ziegeln ließ die Lidl’sche Ziegelei zum ersten Industriebetrieb Köschings werden. Sein Sohn Sebastian Lidl brachte ab 1890 die Anlage auf den neuesten technischen Stand. 1893 wurde eine Dampfmaschine aufgebaut. Die Dampfziegelei bestimmte mit ihrem riesigen Fabrikationsgebäude und dem hohen Schornstein das Ortsbild im Norden. Lidl war eine der treibenden Kräfte zur Errichtung der Lokalbahn. Mit einem entsprechenden Geldbeitrag erreichte er, daß der Lokalbahnhof im Norden des Markts errichtet wurde. Eine Stichbahn verband ihn mit der Ziegelei.
Eine besondere, patentierte Dachtasche machte die Lidl’sche Falzziegelfabrik weit über Kösching hinaus bekannt. Der Betrieb florierte und konnte nur mit Hilfe von italienischen Saisonarbeitern geführt werden. Etwa 60, solange das Fort Va verstärkt wurde, bis zu 100 Italiener lebten in Arbeiterunterkünften bei der Ziegelei. (x) Mit dem Ausbruch des ersten Weltkrieges wurden sie als Kriegsgegner nicht mehr weiter beschäftigt und durch polnische Kräfte ersetzt.
Gegen 1900 zeichneten sich wirtschaftliche Probleme ab, denen Lidl durch Gründung einer Aktiengesellschaft zu begegnen suchte. (xi) Er selbst wurde Aufsichtsrat einer Ziegeleigenossenschaft, die als Vereinigte Dampfziegeleien Ingolstadt Actien-Gesellschaft (xii) auftrat. Es gelang ihm nicht den Niedergang aufzuhalten. Im Sommer 1911 ertrank Sebastian Lidl bei Großmehring beim Baden in der Donau. (xiii) Alles fiel auseinander. (xiv)
Als der erste Weltkrieg begann, stand das Köschinger Werk still. Im Fabrikgebäude und im Verwalterhaus waren Soldaten einquartiert. Nach dem Krieg wurden die Fabrikgebäude abgerissen, 1918 sprengten Ingolstädter Pioniere den Kamin. Als in den Fünfzigerjahren die Wasserschutzbestimmungen um die Lepsinger Quellen immer strenger wurden, riß man die rechts der Straße nach Hellmannnsberg liegenden letzten Reste ab. Bis heute erhalten liegt links der Straße noch die Lidl’sche Villa. (xv) Hier entstand dann daneben die Siedlung im Ziegelsgrund. Nur mehr ein Straßenname und ein Denkmal im Neubaugebiet erinnern noch an die Köschinger Ziegelei.

Friedrich Lenhardt

Bilder

   

Denkmal im Kreisel des Ziegelsgrundes einfügen.

Bild der Köschinger Dampfziegelei aus Treppenhaus einfügen.

Quellen:
(i) Kürzinger (1997), 2, S. 16.

(ii) Briefsprotokoll 1806, Tauschvertrag des Bierbräu Andree Wild und des Zieglers Mathias Schießl über ein Grundstück bey des Andree Wild Kellers, so weit er nemlich über dem Keller aufgeworffen und ausgemacht ist, vom 25. Mai 1806.

(iii) Der Flurname erscheint erst mit Verschwinden des Namens Salvatorwegs.

(iv) Erstmals im Burgfriedensplan von 1690.

(v) Eintragungen in den Rechnungsbüchern unter dem Titel: Einnahmen an Geldt, was diss Jahr der gemeine marckts Ziegl Stadl ertragen (1775); je Brand wurden 4 Gulden erhoben.

(vi) Siehe unten, Kapitel: Kösching, und die angeordnete Revolution.

(vii) Seellenbuoch, Bl. 170 und 138, Haus Nr. 35: Ziegler und Nr. 58: Zieglers brueder haus; nachdem ab 1778 der Ziegelstadel an Auswärtige verpachtet wird, leben Ziegler auch auf Nr. 99 und 182.
Als Köschinger Ziegler sind bekannt:
Peter Sedlmeier, 1553;  Philipp Rieger, 1653-1698?;  Franz Rauscher 1698-1735;  Paul Rauscher 1738-1778;  Jakob Städler, 1778-1790;  Mathias Schießl, 1791-1842;  Simon Krehe, 1842-1851;  Max Weiß, 1851-1874;  Thomas Lidl, 1874-1889;  Sebastian Lidl, 1889-1911.
Ergiebige Quellen sind die Briefsprotokolle, die z.B. für 1778 den Stiftskontrakt mit Jakob Stadler, 1791 de