HausNr: 1 

Schulmeisterhaus und Kanzlei
heute:  Obere Marktstraße 18, Ecke Heinrichsgraben
Ältestes Schulgebäude Köschings, Schulhaus bis 1877; bis 1957 Gemeindekanzlei

Chronologie

Zeit
Besitzer, Bewohner, Benutzer
1649
Georg Klinger (+1649) und Rosina (+1652)
Andre Ampferl (+1656)
1650
Hans Jakob Miller und Sabina Dunst (aus Hs-Nr. 180)
1668
Johan Wallak
Adam Lanz und Barbara
1698
Joh. Georg Lanz und Magdalena Braunhofer ( aus Hs-Nr. 2)
1708 - 1720
Joh. Georg Lanz und Barbara
  Barbara *1702
  Joh. Bartholomäus *1711
  Anna Maria *1712
  Joh. Jakob *1716
  Joh. Baptist *1718
  Anastasia *1720
1721 -
Joh. Michael Federl und Barbara (Lanzin vidua)
  Maria Eva *1725
  Maria Anna *1726
  Franz Andreas *1730
  Carolus Albertus *1732
  M. Eleonora *1734
  M. Barbara *1736
  Anton Sebastian *1739
1740 - 1760

1763
Sebastian Fleißner und M. Eleonore (Tochter des obigen)
1774
Anton Vallade und Elisabeth
1794
Joh. Nep. Reichertsmiller und Magdalena
1815
Jakob Samberger (viduus)
1817
Jakob Samberger (Idem) und Franziska
1840
Joseph Beiner und Elisabeth
1846 - 1869
Max Stettmayer und Elisabeth
  Max (gestrichen 1849)
  Joseph
  Emanuel
  Eduard
  Eugen
Hausinsassen:
  Schulhelfer Josef Kayser (gestrichen 1848)
  Schulhelfer Johann Pausinger (1849-1850)
  Schulhelfer Johann Strigl (1853-1855)
   Maria Regauer (1858)
1870 - 1895
Julius Karl und Johanna +7.2.1902
  Katharina
  Maria
  Wilhelm
Hausinsassen:
  Beisitzer Andreas Dietrich (Witwer, -1873)
1897 - 1903
der Lehrer zieht um ins neue Knabenschulhaus
es wird zum Meßnerhaus bis 1901: Johann Anton Hauser, Meßner und Theres (geb. Betz)
1901 -
Sailer (Polizeidiener)
1904 - 1908
verschiedene Mieter (Forstbeamte)
1909 - 1958
das Haus wird zur Gemeindekanzlei und zugleich Wohnung für die Marktschreiber
1912 - 1916
Marktschreiber Max Steber
1917 - 1921
Marktsekretär Max Steber
1925
Jakob Fischer, Verw. Oberassistent *25.61901 und Fanny Fischer * 26.3.1896
1923 - 1928
Marktsekretär Kaemel
1929 - 1934
Obersekretär Jakob Fischer
1934
Biedinger (Marktsekretär bis 1945), ist Mieter bis 1950
1941
aus der Marktschreiberei wird "das Rathaus"
1947
Mieter: Haugg Walter (Lehrer), Ehepaar Brumm
1951
Ampferl Maximilian
Maier Johanna
1952
Ampferl Maximilian
Meier Hans (Büroleiter Gemeinde)
1958
Kaufmann Werner zieht ein / die Gemeinde zieht um ins Rathaus am Marktplatz (ins Haus Nummer 118)
2011
Abriss des Hauses

Geschichte

Als die Köschinger Häuser noch Nummern trugen, begann die Reihe mit der „Numero 1“ in der Oberen Marktstraße, gleich links, nachdem man den Markt durch das Obere Tor betreten hatte. Es war seit alter Zeit das Schulmeisterhaus, Wohnhaus und Lehranstalt in einem.
1489 trat zum ersten Mal ein Lehrer, Sixt Schmid, urkundlich in Erscheinung. Aber schon vorher muß die Elementarausbildung der Kinder zur Grundaufgabe des Markts gehört haben, sonst hätten sich nicht sechs aus Kösching 1472, bei der Gründung der Hohen Schule in Ingolstadt, einschreiben lassen können.

Der Bildungshunger der Köschinger war nicht allzu groß, und so mußte der Schulmeister versuchen, sein schmales Einkommen durch weitere Tätigkeiten, wie das Musizieren, den Mesnerdienst oder die Schreiberei, zu mehren. So unterrichtete 1559 der Schulmeister Bartholomäus Sighart nur 23 Kinder. Jedes zahlte ihm 6 Kreuzer. „Ist Marcktschreiber daneben“ hieß es zum Schluß des Visitationsberichtes. Dabei schickte es sich gut, daß das Haus mit der Hausnummer 2 nebenan die Marktschreiberei war. So waren in späterer Zeit die Ämter häufig in einer Familie vereinigt.

Über die Ausstattung der Schulstube, die im Erdgeschoß lag und mit drei Fenster auf die Marktgasse ging, wurde zunächst wenig berichtet. 1720 gab es dort zwei lange Sitzbänke für die Schulkinder und ein kleines Täfelchen. Nebenan lagen zwei Kammern, eine hintere und eine vordere, und eine Sommerküche. Im ersten Stock war die Lehrerwohnung mit Schlafkammer, Wohnstube, Fletzkammer und einer Winterküche. Alle Jahre tauchten in der Marktrechnung Positionen zum Unterhalt des gemeindeeigenen Gebäudes auf.

1795 hatte der Schullehrer Johann Nepomuk Reichertsmiller heftige Klage über den Zustand der Baulichkeiten zu führen, die Wohnung sei baufällig, es regne an allen Seiten herein, im Schulsaal gäbe es keine ganze Tafel mehr, die Schulbänke reichten nicht aus und der Markt solle endlich erforderliche Schulrequisiten beischaffen. Kleinere aber regelmäßige Zuwendungen ließen das Lehrmaterial wachsen. Als besondere Erwerbung kam 1808 ein Setzkasten dazu. 1809 wurden die Mobilien der Schule inventarisiert: 2 Bilder an der Wand, 3 schwarze Schreibtafeln, ein Setzkasten, 8 Schulbänke, 3 Tische und 72 verschiedene Schulbücher, Rest der Bibliotheksstiftung des Köschinger Pfarrers Vitus Anton Winter von 1795.

Erweiterung 1815.
Der Unterricht fand in einem einzigen Raum statt, der ausreichte, solange die Eltern ihre Kinder lieber aufs Feld oder zum Hüten der Gänse als in die Schule schickten. 1794 fand eine Schulkommission nur 24 Alumnen vor. Das änderte sich im modernen Bayern mit der Einführung und Überwachung der Schulpflicht 1802. Jetzt waren 90 Schulkinder, Buben und Mädchen, unterzubringen, wozu das alte Gebäude in keiner Weise mehr taugte. Die wirtschaftliche Not verhinderte einen Neubau und man erweiterte 1815 das alte Schulhaus nach Norden zu um einen Schulsaal. Die Abschlussrechnung 1816 belief sich auf 1.045 Gulden und 48 Kreuzer. Um 1820 waren in Kösching 120 Kinder in drei Klassen zu unterrichten. Das gelang nur mit Hilfe eines Schulgehilfen, dem der damalige Lehrer Beiner die eigene Wohnstube zum Wohnen und das große Schulzimmer als Aufstellort für eine Bettstatt anbot. 1848 beschwerte sich der Gehilfe bei der Schulinspektion über die unerträglichen Umstände: das Schulzimmerchen sei planwidrig, die Feuchtigkeit erreiche mit den Ausdünstungen der Kinder einen solchen Grad, daß man keinen Atem mehr bekäme, an Stelle der vorschriftsmäßig 55 Schüler pferche man jetzt 74 hinein, seine Wäsche werde grau und das Ungeziefer fresse ihm die Stiefel auf. Der drangvollen Enge konnte erst durch die Errichtung des Klosters und der Übernahme des Mädchenunterrichts dort durch die Armen Schulschwestern im Jahr 1850 begegnet werden.

Neubau der Knabenschule 1877.
1867 wurde das Knabenschulhaus aufgemessen und beschrieben. Sein Alter wurde damals schon auf über 200 Jahre geschätzt. Der Schulsaalanbau von 1815 war umgerechnet 9m lang und 7m breit, seine Höhe betrug nur 2,65m, zur Straße und zum Hof waren je drei Fenster. Er konnte mit einem Kachelofen geheizt werden. Der Altbau an der Marktstraße war 12,5m lang und 8m breit. Zu Parterre lag links über die ganze Hausbreite das alte Schulzimmer mit 5m Breite. Drei Fenster gingen auf die Straße, zwei in den Hof. Auch hier stand ein Kachelofen. Rechts vom Fletz lagen der alte Kuhstall für drei Tiere und eine Holzlege. Über die Treppe hinauf kam man in die Lehrerwohnung mit Wohnraum, Schlafraum, Küche und zwei Kammern. Die Mauern des Hauses waren aus Bruchsteinen in 60cm Dicke ausgeführt, im oberen Stock waren auch schon Ziegel verwendet worden. Das Dach war mit Legschieferplatten gedeckt. 1861 war das Schulhaus neu verputzt worden. Im Hofraum standen ein Pumpbrunnen, ein Waschhaus und ein Abtritt mit zwei Sitzen.

1871 wünschte der neue Lehrer Julius Karl eigene Ökonomiegebäude, um das Vieh und die Holzlege aus dem Wohnbereich zu bekommen. Ein Stadel sollte errichtet und ein Schweinestall angebaut werden, da der alte zum Entsetzen der Medizinalbehörde mit dem Schülerabort unter einem Dach lag. Angesichts der angeschlagenen Kosten von 1.833 Gulden entschloß man sich, nur einen Kleinviehstall für Schwein und Ziege mit einer Holzlege zu bauen, was immerhin auch auf mehr als 300 Gulden kam.

1873 rügte die Schulinspektion aufs Neue die unzureichende Situation bei den Knaben, deren Zahl auf 96 gestiegen war. Das Schulzimmer sei zu klein, zu feucht und habe nicht genügend Licht. Seine Vergrösserung sei zu fordern und eventuell ein Neubau in Aussicht zu nehmen. Der herbeigerufene Maurermeister stellte fest, daß Aufstockung oder Erweiterung unmöglich seien. Der Lehrer schloß sich dessen Stellungnahme an und beschrieb die desolaten Zustände des Schulsaales mit seinen feuchten Wänden und Böden, der dumpfen und modrigen Luft und der schlechten Beleuchtung, da die Fenster zur Straße die Pfiffe, Gesprächsfetzen, Peitschenknallen beim Viehaustrieb und Musiklärm bei Hochzeiten hereinließen, die Schüler aber klagten, sie könnten kaum ihre Schiefertafel erkennen. Die Beschreibung des vorderen Teils zeigte, daß das alte Schulzimmer aufgegeben worden war. Hier lag der beste Raum, ein Wohnzimmer, daneben eine Kammer. An Stelle der alten bäuerlichen Nutzräume gab es jetzt eine Küche und eine Speis. Der obere Stock hatte seine fünf Räume unverändert behalten: Schlafzimmer, Nebenzimmer, Küche, Gästezimmer und Magdkammer.

Daraufhin wollte der Markt sein altes Rathaus am Marktplatz zurückkaufen, um dort die Knabenschule einzurichten. Das scheiterte aber an den Geldforderungen des Ratswirts. Ein Neubau mußte her.
1877 konnte dieser bezogen werden. Pfarrer Joeph Bojer fand, daß das neue Schulhaus fast zu großartig angelegt worden wäre.
 
Das Schulmeisterhaus wird Marktskanzlei.
Das alte Schulhaus stand damit leer. Nachdem es der Mesner als Dienstwohnsitz nicht annahm, nutzte die Marktverwaltung das gemeindeeigene Haus als „Kanzlei“. Die besten Räume zu ebener Erde übernahm die Verwaltung, die übrigen wurden an diverse Parteien vermietet, so an den Reichsbahnagenten Josef Golling, bevor er in das neue Bahnhofsgebäude ziehen konnte. Als die Wohnung 1904 den Schulschwestern als Ersatzkloster angeboten wurden, solange das alte Kloster niedergerissen und neu gebaut wurde, weigerten sie sich einzuziehen, weil die Räume total verwanzt war. Der Saalanbau wurde weiter schulisch genutzt. Hier war bis 1907 die „Zeichnungsfortbildungsschule“,  eine handwerkliche Berufsschule untergebracht.

Die Kanzlei war eins der ersten Häuser Köschings, das an die Wasserleitung der Köschinger Brauer von 1873 angeschlossen wurde. Der öffentliche Pumpbrunnen vor dem Haus konnte aufgelassen werden. Ähnlich schnell kam 1904 die Azethylengasversorgung. An der Hausecke war eine Straßenlaterne angebracht, von der sich noch die beiden Halterungen in der Mauer befanden. Der Gemeindeschreiber, der jetzt Marktsekretär hieß, zog 1909 ein, als dieses Amt auf Geheiß der Aufsichtbehörde nicht mehr als Nebentätigkeit des Schullehrers geführt werden durfte. Gleiches geschah beim Stromanschluß 1922, von dem noch mächtige Isolatoren Zeugnis gaben.

Die Verhältnisse blieben weiterhin äußerst primitiv. Bürgermeister Anton Lindl wies auf die widrigen Umstände bei seiner Amtsübernahme 1919 hin: Er habe, schrieb Lindl, bei seinem Kommen nicht einmal einen Tisch gefunden, auf den er sich hätte hinsetzen können, und der Stuhl sei sein persönliches Eigentum gewesen. Ebenso könne keine Registratur geordnet werden, weil man keine Schränke habe kaufen wollen; käme ein Brautpaar zur Trauung, so müsse man eine alte Gartenbank hereinholen und zuerst die Nägel umschlagen, und für die Sitzungen die Stühle beim Sekretär in der Brauerei Amberger oder Burgmaier zu leihen nehmen. Der Bürgermeister war Architekt von Beruf; von ihm bekam der schlichte Giebel seine pompöse Zier.

Das alte Haus wird 1957 verkauft.
Bis 1957 wies ein Schild „Marktgemeinde Kösching“ auf die neue Funktion des alten Gebäudes hin. Der Markt hatte in diesem Jahr endlich sein altes Rathaus zurückkaufen können, und die Verwaltung war hinübergezogen. Es gab darin wieder Platz für den Bürgermeister, der seinerseits das Schild „Wohnung des 1. Bürgermeisters“ abmontieren konnte. Bürgermeister Siegfried Betz hatte es seit dem letzten Umbau aufgehoben und dem Museum übergeben. Das historische Schulmeisterhaus wurde an Privat verkauft und mit einem Erweiterungsbau zu einem Gemischtwarengeschäft gemacht.

Friedrich Lenhardt

Bilder
 

Quellen:



Sachstand: 11/2019 - Horst Laubmann
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